Huch? Ein Buchtipp? Ja, das muss auch mal sein. Zuletzt habe ich ein Buch gelesen, welches mich sehr bewegt hat. Genauer die Autobiographie von Alessandro Zanardi. Ich als jemand, der seit Mitte der 90er vielleicht insgesamt nur fünf Formel 1 Rennen verpasst hat (kein Witz), wusste natürlich auch über das Schicksal von Alex Zanardi Bescheid, ein Name, der mir bis zum Jahr 2001 nur als „der Teamkollege von Ralf Schumacher 1999“ bekannt gewesen ist. Dennoch, er war Fahrer in der Königsklasse des Motorsport, und das bedeutet für mich, dass sich viele solcher Namen ins Gedächtnis eingebrannt haben. Dann hörte ich, eher zufällig, da am 15. September 2001 die Medien natürlich mit einem ganz anderen Ereignis voll beschäftigt waren, von dem Unglück auf dem Lausitzring. Zanardi, als Rückkehrer in die Champ-Car Serie, in der er 1997 und 98 große Erfolge verzeichnet hatte und dort Meister geworden war, hatte einen folgenschweren Unfall, bei dem er beide Beine verlor.
Zanardi schaffte es, diesen herben Rückschlag zu verarbeiten, sich wieder hochzukämpfen und sogar wieder in einen Rennwagen zu steigen. Seinen Karriereabschluss schließlich fand er bei den Tourenwagen im BMW-Team. Als ich 2009 in Oschersleben das WTCC Rennen besuchte, und dort so durch das Fahrerlager stapfte, lief mir plötzlich Alex Zanardi über den Weg. Ich bemerkte es erst, als er schon vorbei gegangen war, so unscheinbar und selbstverständlich marschierte er mit seinen Prothesen dort entlang. Dies ist mein „personal Zanardi moment“, das werde ich auch nie vergessen.
Dieses Buch behandelt seine Geschichte bis zu dem Zeitpunkt, als er gelernt hat, mit den neuen Prothesen zu laufen und die berühmten 13 Runden auf dem Lausitzring zu Ende fahren konnte. Es beginnt mit seinen Anfängen als Rennfahrer im Kartfahren. Recht ausführlich werden dann seine nächsten Schritte und Erfolge in der Formel 3, der Formel 3000, den ersten Gehversuchen in der Formel 1 Anfang der 90er und dann der Wechsel in die amerikanische Champ-Car Serie beschrieben. Sein 99er Formel 1 Intermezzo wird leider nur sehr kurz abgehandelt, welches für ihn ja auch recht erfolglos blieb, er erwähnt aber auch sehr genau, was die Formel 1 von der amerikanischen Formel Serie unterscheidet und was zu dieser Zeit in der Formel 1 alles schief lief. Recht kompromisslos, aber dann doch wieder mit dem gebührenden Respekt, fährt er hier über andere Verantwortliche und Fahrer her. Etwas schade ist, dass die Übersetzung aus dem Italienischen ins Deutsche an vielen Stellen recht holprig ist. Wenn dann plötzlich von „schnellsten Runden in der Aufwärmrunde“ die Rede ist, weiß man, dass „Warm-Up“ mal wieder falsch übersetzt wurde. Wer sich hiervon aber nicht großartig ablenken lässt, erfährt hier über eine wirklich beeindruckende Rennfahrerkarriere eines großen Mannes, mit all seinen Höhen und leider auch vielen Tiefpunkten.
Am Ende des Jahres 2009 beendete Alex Zanardi seine Karriere. Bestimmt sitzt er wieder daheim in Italien in der Werkstatt seines Vaters und bastelt an Motorrädern herum, und genießt das Leben zusammen mit seiner Familie. Er hat es sich verdient.
Alex Zanardi – Nicht zu bremsen
Deutschsprachige Ausgabe erschienen im Goldmann Verlag
ISBN-13: 978-3-442-15367-1
501 Seiten